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Doch natürlich lebt niemand für immer. Wir wussten, dass Ahimsa sehr alt ist. Wir wussten, dass der Tag irgendwann kommen wird.

Nina Schöllhorn

Abschied von Ahimsa

Ein Bericht von Nina Schöllhorn, Tierärztin

Sie hat sich einfach so davon gemacht. Klammheimlich hat sie ihre Augen für immer geschlossen. Ohne jede Vorwarnung.

Ein großer Schock für uns, sie am Morgen des 06.01. tot aufzufinden. Und ein noch größerer Schock für Santosha, ihren treuen Freund. Er wachte neben ihr, aufgelöst und verzweifelt.
Über 2,5 Jahre ist es her, dass wir diesen beiden Eseln begegneten. Sie waren gezeichnet von ihrem harten, entbehrungsreichen Leben. Ein Zufall wollte es, dass wir die Möglichkeit bekamen, ihr Schicksal zum Guten zu wenden. Dank der spontanen Zusage von Unterstützung aus Ihren Reihen, ließen wir uns damals auf das Abenteuer Esel ein. Unser Wunsch war es, diesen beiden alten Seelen, nach einem harten Arbeitsleben, mit vermutlich sehr wenigen schönen Momenten, die Sonnenseite des Lebens zu zeigen.

Viele Menschen waren daran beteiligt, dies zu ermöglichen. Und besonders viele Hände halfen mit, den tollen Stall für sie zu erbauen, in den sie einziehen sollten. So kamen sie also an, nach einer langen und abenteuerlichen Reise von Slatina. Geduldig, ruhig und bescheiden bezogen sie ihr Quartier. Von Anfang an, war es eine Freude, sie um uns zu haben. Mehr und mehr blühten sie auf, kamen zu Kräften und ließen gesundheitliche Probleme hinter sich. Ahimsa war immer die ruhigere und vernünftigere als Santosha, welcher ständig Unfug im Kopf hat. Man merkte ihnen deutlich an, dass Ahimsa ein paar Jährchen älter war. Recht schnell machten sie klar, dass das mit den Spaziergängen, so wie wir uns das dachten, nicht in ihrem Sinne war. Sie hatten eigene Vorstellungen von Richtung, Geschwindigkeit und vor allem von der Anzahl der Futterpausen. Sie bevorzugten ihre Freiheit und hatten das große Glück, dass es in dem fast ausgestorbenen Dörfchen Sapartoc möglich ist, auch immer wieder freizulaufen und nach Herzenslust zu grasen, wo auch immer ihnen danach war.
Sie kamen ihre Betreuer Delia und Daniel oft besuchen, schauten nach dem rechten und genossen auch die Gesellschaft all der Pflegehunde dort. Auf Zuruf war Ahimsa immer sofort zur Stelle und wo Ahimsa war, war auch Santosha.

Jeder der die beiden kennenlernte, mochte sie auf Anhieb. Wir hatten auch Schulklassen zu Besuch, denn unser großes Anliegen ist stets, vor allem den Kindern möglichst viel über das Wesen der Tiere und einen richtigen Umgang mit ihnen beizubringen. Die beiden Esel genossen es im Mittelpunkt zu stehen und machten einen wirklich tollen Job.
So hätte es eigentlich weitergehen können.

Doch natürlich lebt niemand für immer. Wir wussten, dass Ahimsa sehr alt ist. Wir wussten, dass der Tag irgendwann kommen wird.

Ich musste lernen, dass ein großes Tier, wenn es stirbt, auch eine besonders große Lücke hinterlässt. Es ist schwer damit umzugehen. Doch am allerschwersten ist es für Santosha. Die beiden waren unzertrennlich, treue Freunde bis zur letzten Minute. Santosha konnte sich den ganzen Tag, an dem sie gestorben war, nicht beruhigen. Hörte nicht auf nach ihr zu suchen und zu rufen. Auch jetzt ist er unruhig, sucht Anschluss. So darf er viel Zeit des Tages mit den Hunden am Haus verbringen und hat etwas Ablenkung. Klar ist, er kann nicht allein bleiben, er braucht wieder Gesellschaft. Ich bin mir sicher, es wird wieder eine arme Seele ihren Weg zu uns finden.

Für Ahimsa denke ich, alles ist gut, so wie es ist. Sie hatte ihr Lebensende so verbringen dürfen, wie wir es ihr versprochen haben. Ohne Schläge, ohne übergroße Lasten hinter sich herziehen zu müssen, ohne scheuernde Gurte und ungeeignetes Zaumzeug. Ohne Hunger und Durst. Ohne dem schutzlosen Ausgeliefertsein von Hitze und Kälte. Dafür hatte sie liebevolle Betreuer, Streicheleinheiten, viele vierbeinige Freunde, jede Menge tolles Gras und Kräuter, vermutlich so gutes Heu wie in ihrem ganzen Leben nicht, ein sicheres Dach über dem Kopf und sehr viel Freiheit. Doch vor allem hat sie einen Platz in unserer aller Herzen.
Danke Ahimsa, dass du bei uns warst.

Danke an Delia und Daniel für die liebevolle tägliche Betreuung.
Danke an alle Unterstützer unseres kleinen Eselprojektes.

Nina Schöllhorn

Impressionen aus Sapartoc mit Ahimsa und Santosha